Drei Szenen aus dem Arbeitsalltag – und leider keine Einzelfälle:
- Eine Kollegin wird bei Projektvergaben immer wieder übergangen – obwohl sie fachlich top ist.
- Ein Bewerber mit „fremd“ klingendem Namen wird kommentarlos aussortiert.
- Ein Mitarbeitender wird wegen seiner sexuellen Identität zur Zielscheibe von Spott im Pausenraum.
Solche Situationen können manchmal banal wirken – aber sie sind es nicht. Sie verletzen. Sie demotivieren. Und sie sind laut Gesetz: Diskriminierung.
Nicht immer passieren Vorfälle wie diese mit böser Absicht – aber fast immer mit Konsequenzen. Nicht nur für die betroffene Person, sondern auch für das Betriebsklima und unter Umständen sogar für die Zukunft des Unternehmens.
Was ist das AGG – und warum betrifft es auch Euer Unternehmen?
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist das zentrale Gesetz zum Schutz vor Diskriminierung in Deutschland. Es hat das Ziel, Diskriminierung und sexuelle Belästigung zu verhindern oder zu beseitigen – insbesondere im Arbeitsleben, beim Bewerbungsverfahren und in Teilen des privaten Bereichs, z. B. bei der Wohnungssuche oder beim Zugang zu Dienstleistungen.
Das AGG gilt für alle Arbeitgebenden – unabhängig von ihrer Unternehmensgröße oder Branche. Wer Menschen beschäftigt oder Stellen vergibt, unterliegt seinen Regelungen.
Das AGG schützt vor Diskriminierung aus den folgenden 6 Gründen:
- Ethnische Herkunft
- Geschlecht
- Religion oder Weltanschauung
- Behinderung
- Alter
- Sexuelle Identität
Wovor schützt das AGG?
Im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz werden 5 Formen der Diskriminierung beschrieben:
- Unmittelbare (direkte) Benachteiligung – z. B. wenn eine Person wegen ihres Alters nicht eingestellt wird.
- Mittelbare (indirekte) Benachteiligung – wenn Regeln am Arbeitsplatz bestimmte Gruppen – z. B. Frauen – benachteiligen.
- Anweisung zur Benachteiligung – z. B. wenn Vorgesetzte diskriminierendes Verhalten einfordern.
- Belästigung – z. B. wenn eine Person durch Worte oder Taten in ihrer Würde verletzt wird und dadurch der Arbeitsplatz zum feindlichen Umfeld wird.
- Sexuelle Belästigung – z. B. wenn sich eine Person durch sexuell bestimmte Äußerungen in ihrer Würde verletzt fühlt.
Tritt eine dieser Diskriminierungsformen im Zusammenhang mit einem oder mehreren der oben genannten Diskriminierungsmerkmale auf, greift das AGG.
Eure Pflichten als Arbeitgebende
Das AGG verpflichtet Unternehmen nicht nur, im Falle von Diskriminierung oder sexueller Belästigung angemessen zu reagieren. Es fordert darüber hinaus, aktiv Maßnahmen zu ergreifen, um Benachteiligungen von vornherein zu verhindern.¹
Konkret bedeutet das: Ihr müsst Strukturen schaffen, die Diskriminierung und sexueller Belästigung entgegenwirken, und Eure Mitarbeitenden regelmäßig für Themen wie Gleichbehandlung und Chancengerechtigkeit sensibilisieren.
Zentral ist dabei:
- Mitarbeitende schulen – verständlich, praxisnah und rechtssicher
- Beschwerdestellen einrichten – als niedrigschwellige Anlaufstellen für Betroffene
- Ein respektvolles Arbeitsumfeld fördern, in dem sich alle sicher und wertgeschätzt fühlen
Denn: Das AGG räumt Betroffenen das Recht ein, sich bei Diskriminierung oder sexueller Belästigung zu beschweren, Unterstützung zu erhalten und im Bedarfsfall juristische Schritte einzuleiten.
Fehlen wirksame Schutzmaßnahmen oder ausreichende Sensibilisierung, drohen Unternehmen erhebliche Konsequenzen – rechtlicher, wirtschaftlicher und reputativer Art.
¹AGG § 12:
(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen wegen eines in § 1 genannten Grundes zu treffen. Dieser Schutz umfasst auch vorbeugende Maßnahmen.
(2) Der Arbeitgeber soll in geeigneter Art und Weise, insbesondere im Rahmen der beruflichen Aus- und Fortbildung, auf die Unzulässigkeit solcher Benachteiligungen hinweisen und darauf hinwirken, dass diese unterbleiben. Hat der Arbeitgeber seine Beschäftigten in geeigneter Weise zum Zwecke der Verhinderung von Benachteiligung geschult, gilt dies als Erfüllung seiner Pflichten nach Absatz 1.
Warum AGG-Schulungen auch wirtschaftlich sinnvoll sind
Vielleicht fragt Ihr Euch: Was bringt das alles – außer Aufwand?
Die Antwort: eine ganze Menge.
Denn ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld ist nicht nur ein rechtlicher Schutzraum – es ist ein echter Wettbewerbsvorteil. Mitarbeitende, die sich sicher und gesehen fühlen, arbeiten besser und bleiben länger. Und Talente, Kundinnen und Investorinnen entscheiden sich bewusst für Unternehmen mit Haltung.
Fazit: Das AGG ist mehr als ein Gesetz – es ist ein Werkzeug für Haltung und Erfolg
Wenn Ihr das AGG ernst nehmt, zeigt Ihr nicht nur, dass Ihr Eure rechtlichen Pflichten kennt. Ihr zeigt: Bei uns zählt der Mensch. Vielfalt ist kein Risiko – sondern ein Potenzial. Gleichbehandlung und Chancengerechtigkeit sind keine Pflicht – sondern eine Chance.
Wann habt Ihr zuletzt zum AGG geschult?
Wissen Eure Mitarbeitenden, was erlaubt bzw. verboten ist – und wie sie sich bei Diskriminierung verhalten müssen?
Werden Gleichbehandlung und Chancengerechtigkeit in Eurem Unternehmen nur gewünscht – oder bereits gelebt?
Ich freue mich, wenn Ihr diesen Artikel als Anstoß nehmt, über diese Fragen nachzudenken.
Respektvolle Grüße
Martin Uhrig
Hinweis: Dieser Text dient der Information und ist keine Rechtsberatung.